Chinas Immobilienmarkt bebt

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Marktupdate 37/2021

Markus Schön, Dienstag 21. September 2021

 

Spätestens seit 2008 galt die jährliche Produktvorstellung des US-Technologiekonzern Apple als „Retter“ in schwierigen Marktphasen. Nach iPod und iPhone wurden vielfach so große Innovationen vorgestellt, die nicht nur Apple zum wertvollsten Unternehmen der Welt machten, sondern den gesamten Technologiesektor beflügelten und vielfach die Aktienmärkte weltweit nach oben zogen. Ganz so extrem ist die Markterwartung nicht mehr, aber auf einen positiven Impuls durch Apple hofften viele. Schließlich haben nicht nur die Aktienmärkte eine eher verhaltene Woche hinter sich gebracht, sondern viele Anlageformen waren unter Druck. Im Rohstoffsektor sticht hierbei Eisenerz hervor. In den letzten drei Monaten hat es 50% an Wert verloren. Dazu tragen natürlich die verhaltene Konjunkturdaten bei; aber das größte Problem liegt derzeit in China. Dort führt die Corona-Pandemie immer wieder zu regionalen Lockdowns, weil die Impfquoten dort deutlich niedriger als in Teilen Europas liegen, die in China eingesetzten Impfstoffe weiniger wirksam sind und es viel häufiger zu Impfdurchbrüchen kommt. Aber neben der Pandemie sorgt der Immobilienkonzern Evergrande noch nicht für Panik, aber große Unruhe. Hier drohen 250 Mrd. Euro auszufallen. Wer sich zunächst noch mit der Hoffnung auf staatliche Rettungsmaßnahmen der chinesischen Führung getröstet hatte, muss erkennen, dass die Wahrscheinlichkeit zunehmend sinkt. Die privaten Immobilienkäufer wird man vermutlich helfen, um soziale Unruhen zu vermeiden, reichere Anleger, Investoren und Banken werden aber von dem immer wahrscheinlicher werdenden Zusammenbruch vermutlich ungebremst getroffen werden. Dies vorausgesetzt ist die entscheidende Frage, ob es den chinesischen Finanzsektor ähnlich wie Lehman Brother 2008 ins Wanken bringen wird und damit globale Verwerfungen drohen.

 

Für eine Verneinung globaler Folgen spricht, dass der chinesische Immobiliensektor eher in sich geschlossen ist und die Schulden nicht global refinanziert sind. Aus unserer Sicht ist diese Argumentation zu kurz gesprungen. Würden sich 250 Mrd. Euro Forderungen „in Luft auflösen“, wäre dies ein realer Vermögenschaden, der Kaufkraft und Konsum in China belasten würde. Auch deswegen kommen Luxuswerte – hier vor allem mit Blick auf die zukünftigen Möglichkeiten –, aber auch die Edelmetalle unter Druck. In Krisenzeiten profitiert derjenige, der liquide ist. Entsprechend erfolgen nun teilweise marktbreite Verkäufe, die ohnehin schon in eine Phase größerer Unsicherheit fallen. In China wird immer strenger reguliert. So droht dem PayPal-Wettbewerber Alipay die Zerschlagung. Auf diese Weise will man die Bündelung von Marktmacht begrenzen. Während die USA und teilweise Europa dem Monopolstreben von Apple, Amazon und Facebook weitgehend hilflos gegenüberstehen, bekämpft ein formal kommunistisches Land ähnliche Strukturen. Vermutlich wird der Verlauf der vor uns liegenden Handelswoche Klarheit zu Evergrande bieten, da die anstehenden Feiertage in Asien die Möglichkeit bieten, den Immobilienkonzern in die Insolvenz gehen zu lassen, ohne vollständig unkontrollierbare Marktturbulenzen auszulösen. Letztlich würde dies eine kurze Schockwelle über die Kapitalmärkte hinweggehen lassen, die dann von den internationalen Notenbanken ausgeglichen würde. Letztlich denkt man derzeit mehr in Billionen- als in Milliardensummen und man tut alles, um einen wirtschaftlichen Abschwung zu verhindern. Dies wird sicherlich auch die US-Notenbank bei ihrer turnusmäßigen Sitzung in der kommenden Woche betonen und den Fokus auf das Absinken der Inflationsrate von 5,4% auf 5,3% legen, um die weiter expansive Geldpolitik zu rechtfertigen. Schließlich können die USA keine deutlichen Zinssteigerungen verkraften. Ähnliches gilt aber auch für Europa und zunehmend auch Deutschland. Hier verliert die konjunkturelle Entwicklung zunehmend an Dynamik und bei der Bundestagswahl am nächsten Sonntag droht ein Linksruck. Dies wird die globalen Märkte nicht beeindrucken, aber für Deutschland wäre eine solche Regierung fatal. Statt einer dringend benötigten wirtschaftsfreundlichen und innovationsorientierten Politik droht bei einer Regierungsbeteiligung insbesondere der Grünen eine Politik der Verbote und der wirtschaftlichen Einschränkungen. Schon jetzt erreicht das Energie- und Strompreisniveau Werte, die dauerhaft die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands aufs Spiel setzen. Eine Gesellschaft, die für 1% der Weltbevölkerung steht, kann allein weder Klima noch Umwelt retten. Sie muss für innovative Lösungen sorgen, die zum Erhalt des Lebensstandards beitragen. Dann eifern andere Volkswirtschaften solchen Ansätzen nach und sorgen für weitere Innovationen. Andernfalls drohen Wohlstandsverluste, während die USA, China und Indien ihren Energieverbrauch immer weiter ausweiten und sich über Deutschland freuen, das dann so bereitwillig Marktanteile abgibt.

 

In einem solchen Szenario ist ein DAX-Rückgang von 2,5% sehr optimistisch. Würde man den Leitindex nicht immer „nach Bedarf durchmischen“, wäre die Wertentwicklung ohnehin wesentlich enttäuschender. Aber vor allem müsste dann die deutsche Argumentation nach steigenden Zinsen umgekehrt werden. Wenn schon 16 Jahre Angela Merkel nur für ein kumuliertes Wirtschaftsplus von 20% gesorgt haben, will man sich die Bilanz einer Grünen-Bundesregierung gar nicht ausmalen. Tatsächlich wurden die Chancen der historisch niedrigen Zinsen nicht genutzt. Deutsche Innovationen wurden vielfach im Ausland umgesetzt und dort zu großen Erfolgen gemacht. Wenn sich dieser Trend fortsetzt, wird Deutschland – trotz niedriger Zinsen – im globalen Wettbewerb zunehmend immer stärker ins Hintertreffen geraten.

 

Früher war die Mahnung, dass in Deutschland japanische Verhältnisse drohen, da die Voraussetzungen einer alternden Gesellschaft, wenig wirtschaftliche Dynamik und traditionelle Industriezweige relativ vergleichbar sind. Die damit verbundene nachlassende Wettbewerbsfähigkeit hatte viele Jahre die japanischen Aktienmärkte belastet. Erst Corona hatte für eine Erholung gesorgt. Zum einen kam Japan besser als viele andere Staaten durch die Pandemie, zum anderen ist die Wettbewerbs-fähigkeit relativ gestiegen. Dies ist gelungen, weil man die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessert hat. Innovationen wurden wichtiger, Verbote wurden reduziert. Aber dennoch notiert der japanische Leitindex Nikkei 20% unter seinem Allzeithoch. Aktien sind daher keine Garantie für den Anlageerfolg. Dies gilt gerade auf dem aktuellen Niveau. Derzeit überwiegen die Risiken, so dass es sinnvoll ist, Aktien moderat zu verkaufen.

 

Schließlich ist die Frage nicht unwesentlich, ob wir am Beginn einer neuen Krise stehen. Die Konjunkturdaten sind teilweise deutlich schwächer als erwartet. Neben dem deutschen ifo-Geschäftsklima-Index sind vor allem die Daten vom US-Arbeitsmarkt enttäuschend. Deswegen stellt sich die Frage, ob die US-Dollar-Schwäche, die in der zweiten Hälfte der vergangenen Handelswoche zu spüren war, tatsächlich auf die Rede des US-Notenbankpräsidenten zurückgeht oder nicht eine konjunkturelle llars besonders beachtenswert. Trotz deutlich steigender Corona-Infektionszahlen und damit verbundenen Lockdown gewinnt die Währung mehr als 1,5%.
Dann hört man sehr schnell das Märchen der „Alternativlosigkeit“ von Aktien, deren Wert langfristig immer steigen wird. Japan, andere Märkte und Einzelwerte werden vielfach als Ausnahme von der Regel abgetan. Dabei sollte es egal sein, ob der Vermögenszuwachs aus Aktien, Edelmetallen oder Anleihen resultiert. Letztere haben bislang ein richtig schlechtes Jahr hinter sich. Durch die Zinsanstiege haben Anleihen in der Breite zwischen 2 und 5% an Wert eingebüßt. Durch das niedrige Zinsniveau konnte es vielfach nicht kompensiert werden. Wer jedoch aktiv an den Märkten agiert, erzielt auch bei Anleihen weiterhin Gewinne. So erzielt die traditionell eher zinslastige Schön&Co-Strategie in diesem Jahr deutliche Gewinne und damit eine deutlich über dem Markt liegende Wertentwicklung. Diese Erträge werden reinvestiert, um so von dem höheren Zinsniveau zu profitieren.

 

Allerdings ist das Marktzinsniveau zwar deutlich über dem Niveau der Leitzinsen und der über die „Notwendigkeit“ von Strafzinsen jammernden Kreditinstitute, aber derzeit deutlich unter der Inflation. Umso verwunderlicher ist, dass die Edelmetalle deutlich an Wert verlieren. Silber ist auf Jahressicht 15% im Minus; Gold liegt bei einem Verlust von 8% und das industriell nachgefragte Platin verzeichnet in diesem Jahr einen Rückgang um 12%. Durch die Gewinne des US-Dollar im Jahr 2021 um fast 4% wird dies etwas gedämpft, aber die Edelmetalle verlieren, weil sie ihre Schutzwirkung verloren haben. Sie sind eine zunehmend spekulative Anlageform, in die viel Geld hinein-, aber auch wieder hinausfließt. Dennoch eignen sie sich als Absicherung für den absoluten Krisenfall, während bei den industriell benötigten Rohstoffen vielfach das irrationale Preisniveau noch anhält.

 

Der Text ist unser sonntäglich erscheinendes Schön&Co-Marktupdate, für das Sie sich unter info@schoenco.de jederzeit kostenlos und unverbindlich anmelden können.