Donald Trump in seiner perfekten Zeit
Marktupdate 06/2020
Markus Schön, Donnerstag 13. Februar 2020
Vielleicht liegt hinter uns die politisch erfolgreichste Woche des US-Präsidenten Donald Trump. Die oppositionellen US-Demokraten blamieren sich bei ihren parteiinternen Vorwahlen, Trumps Rede zur Nation wird auch dank weiter solider Wirtschaftsdaten eher positiv gesehen – auch weil die Oppositionsführerin Nancy Pelosi ihre Ausfertigung des Redemanuskript ihres politischen Gegners zerreißt –, das Amtsenthebungsverfahren scheitert krachend und nun gewinnt auch noch Bernie Sanders eine Vorwahl der US-Demokraten. Viel besser kann der Auftakt in das Wahljahr 2020 nicht starten und stärkt u. a. den US-Dollar.
Dieser profitiert aber auch von einer weiteren Wahl, die eigentlich nur innenpolitische Bedeutung hätte: In Thüringen stand die Wahl des Minister-präsidenten an. Durch das komplizierte Wahlergebnis hatte die bislang regierende Rot-Rot-Grüne-Koalition ebenso wenig eine Mehrheit wie ein Bündnis aus CDU und FDP. Dies ermöglichte die überraschende Zustimmung der AfD im dritten Wahlgang die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum thüringischen Ministerpräsidenten, die zu weit über den Freistaat hinausgehenden, politischen Reaktionen führte, so dass selbst die Regierungskoalition auf Bundesebene gefährdet war. Diese von einem relativ kleinen Bundesland ausgehende Unsicherheit hatte dann Auswirkungen auf den Devisenmarkt. Möglich war dies aber auch, weil die Stimmung relativ angespannt ist.
Über allem schweben die derzeit unabsehbaren Folgen des Corona-Virus, der zunehmend globale Lieferketten zu unterbrechen droht. Medial setzt hier aber eine Art Sättigung ein, so dass viele Marktteilnehmer die Risiken unterschätzen. Die rückläufigen Daten zur Industrieproduktion und zum Auftragseingang werden von einer leicht besser als erwartet laufenden Berichtssaison für das 4. Quartal 2019 und der positiven Stimmung zu Technologieunternehmen mehr als kompensiert. Allerdings stellt sich die Frage, wie nachhaltig dies ist. Schließlich hat mit Alphabet die Google-Muttergesellschaft enttäuscht und vielversprechende Transaktionen in diesem Bereich erfolgen dann doch nicht.
Nach der erfreulichen Erholung an den Aktienmärkten droht nun wieder das Abwärtsrisiko. Wie schon in den letzten beiden Jahren schwanken die Märkte zwischen „himmelhochjauchzend“ und „zu Tode betrübt“. Der gesunde Blick auf Marktentwicklungen geht völlig verloren. Stattdessen werden – auch hier – immer stärker Extrem-positionen eingenommen. Dies führt zu einer selektiven Wahrnehmung an den Märkten, in der dann der ganzheitliche Blick verloren geht. So spielte an den Kapitalmärkten der am 31.01.2020 vollzogene BREXIT keine Rolle. Dabei hat der britische Premierminister Boris Johnson eine harte Haltung gegenüber der EU angekündigt, die spätestens am Jahresende 2020 ähnliche Folgen wie ein harter Austritt Großbritanniens aus der EU haben könnte, der an den Kapitalmärkten so gefürchtet war. Auch die Erhöhung des Renteneintrittsalters in Japan auf das 70. Lebensjahr spielte keine Rolle. Dabei kann Japan in vielen Bereichen sozusagen als Blaupause für die Entwicklungen Europas gelten. Die Probleme einer alternden Bevölkerung und der damit einhergehend geringen Wirtschaftsdynamik sowie die Notwendigkeit einer (extrem) expansiven Geldpolitik treffen auf Europa in ähnlicher Form zu. Daher überwiegen bei Aktien und ähnlichen Anlagen weiterhin die Abwärtsrisiken und der Trend, eher in sichere Häfen zu investieren, ist ungebrochen. Dies sorgt für weiter fallende Zinsen und steigende Devisenkurse für Währungen aus den USA, Japan und der Schweiz. Das eher durchwachsene Wirtschaftsbild könnte die Entwicklung der Ölpreise in den nächsten Wochen etwas aufhellen. Schließlich wirkt der deutliche Rückgang nicht nur dämpfend auf die Inflation, sondern führt auch tatsächlich zu sinkenden Kosten in nahezu allen Wirtschaftsbereichen mit Ausnahme des Rohstoffsektors selbst. Deswegen erwägt die OPEC ihrerseits nun Förderkürzungen, um den Preis über 50 US-Dollar je Fass zu stabilisieren. Allerdings ist derzeit wirklich ein Nachfragerückgang spürbar, der sich durch die anhaltende Virussorge in China und den damit verbundenen Folgen kurzfristig auch noch verstärken könnte. Aber auch die Beeinträchtigungen in Europa durch den Sturm sind ein (bislang sehr kleiner) wirtschaftlicher Belastungsfaktor. Es fehlt aber ein wirklich positives Signal, aus dem sich wieder mehr Dynamik ergeben könnte.
Ohne ein solches Signal bleibt auch die geldpolitische Situation wie sie ist: Immer mehr Geld wird in die Systeme gebracht und das Zinsniveau niedrig gehalten. Auch der Schritt der Vorwoche, mit dem die chinesische Notenbank umgerechnet über 150 Mrd. US-Dollar bereitstellte, zeigt, dass das gesamte System niedrige Zinsen und immer wieder geldpolitische Impulse benötigt. Entsprechend wir das Zinsniveau niedrig bleiben. Aber dieses Umfeld wird auch für immer stärkere Schwankungen und damit einhergehend Marktchancen sorgen. Erfreulich war, dass sich mit LVMH ein Unternehmen am Kapitalmarkt refinanzierte, das eben nicht auf dem Finanzsektor kam. Unerfreulich waren die Konditionen, zu denen dies dem Luxusgüterkonzern möglich war. Aber hier werden sich immer wieder Anlagechancen ergeben. Man muss bereit sein, geduldig zu sein und bei sich bietenden Chancen aktiv agieren. Ohne einen aktiven Ansatz wird es im Zinsbereich schwierig, attraktive Zinsen (insbesondere in Europa) zu erzielen.
Ein aktives Agieren ist auch an den Aktienmärkten unerlässlich. Der zwischenzeitliche Rückgang unter 13.000 Punkte im DAX sowie in nahezu allen anderen Märkten hat Chancen bei Werten wie Infineon, Glencore oder Disney eröffnet. Weitere Möglichkeiten werden sich bei der nächsten Korrektur ergeben. Hier werden teilweise britische und chinesische Aktien als Beimischung interessant. Weiter zu meiden, sind Bankwerte, auch wenn die Deutsche Bank durch einen neuen Großaktionär profitieren konnte. Am Ende bleibt der größten deutsche Bank nur die Aufspaltung, weil das Institut in Einzelteilen mehr als in seiner Gesamtheit Wert ist. So ist das eben mit Schrott. Dies gilt auch für die Automobilindustrie, nachdem man politisch die Elektromobilität durchsetzen will, die weder ökologisch noch zeitgemäß ist oder den Bedarf des deutschen Individualverkehrs dauerhaft abdecken kann. So hat Daimler ein neues Sparprogramm beschlossen, das mit weiterem Stellenabbau einhergehen wird.
Eigentlich ist ein Wahlchaos wie in Thüringen mit bundespolitischen Auswirkungen gar nicht notwendig, um den Außenwert des Euro zu schwächen. Schließlich tut die deutsche Wirtschaftspolitik derzeit fast alles, um die eigene Wirtschaft zu belasten und so die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und damit auch Europas zu schwächen. China wendet sich von der Elektromobilität schon wieder ab; Frankreich favorisiert eher Hybridmodelle und Ferrari stellt – allen Klimasorgen zum Trotz – einen Absatzrekord auf. Die Chance, Europa als vielschichtiges Alternativmodell zu den immer protektionistischer agierenden USA und dem wenig liberalen China zu entwickeln, wird vertan. Entsprechend wahrscheinlich bleibt eine schwache Entwicklung des Euros. Schließlich repräsentiert eine Währung auch immer den Außenwert einer Volkswirtschaft. Daher sollte man derzeit auch die chinesische Währung mit Vorsicht betrachten. Neben den bestehenden Positionen bei rohstoffnahen Währungen sind auch die nordeuropäischen Währungen als Beimischung interessant. Neben der Norwegischen Krone gilt dies insbesondere für die Dänische Krone und – regional abweichend – den Russischen Rubel.
Dieser leidet natürlich unter der Schwäche bei den Energierohstoffen. Durch das Potenzial der Volkswirtschaft und das deutlich höheren Zinsniveau ist die Währung aber als Beimischung interessant. Nicht zuletzt gehört die russische Notenbank zu den größten Goldbesitzern der Welt und baut die entsprechenden Edelmetallpositionen weiter aus. Durch den zwischenzeitlichen Rückgang bei Gold und insbesondere Platin sind beide Edelmetalle auch als Beimischung interessant; unser Favorit bleibt aber Silber, das durch die industrielle Komponente stärker schwankt, aber auch größeres Kurspotenzial als Gold hat. Grundsätzlich werden die industriell benötigen Rohstoffe unter den Sorgen zur Entwicklung in China weiter eher abwärtsgerichtet schwanken. Hieraus ergeben sich aber auch Marktchancen. Bei den Edelmetallen strahlt dies auf Silber und teilweise auch Platin ab, so dass man hier weiter Positionen erhöhen kann. Bei einem erneuten Anstieg des Goldpreises sind Gewinnmitnahmen sinnvoll, insbesondere auch weil hier Tendenzen einer Überbewertung absolut wie auch in Relation zu anderen Edelmetallen zu erkennen sind.