USA – bald 1 Billion Zinsen pro Jahr

Marktupdate 03/2023

Markus Schön, Dienstag 17. Januar 2023

Die positive Marktentwicklung setzt sich – analog zu unserer Einschätzung – weiterhin fort. Es sind allerdings nicht die guten Nachrichten, die Anleihen- und Aktienmärkte treiben, sondern vor allem das Ausbleiben neuer schlechter Meldungen. Der Krieg in der Ukraine ist zum „Alltag“ an den Kapitalmärkten geworden, nachdem die Preisübertreibungen auf der Rohstoffseite nachgelassen haben und keine wirklich gravierend neuen Entwicklungen eintreten. Ob die Diskussion um die Lieferung von Kampfpanzern möglicherweise eine grundlegende Veränderung ist, bleibt abzuwarten. Möglicherweise stellt dies aus russischer Sicht eine Eskalation da, die aus dortiger Sicht eine Ausweitung des Krieges – räumlich oder mit Blick auf die Kriegsführung – rechtfertigen würde. Dies kann dann zu erheblicher Unsicherheit führen und auch die Inflation wieder befeuern. Zu diesem Thema geht allerdings der Blick Richtung China, da durch den Wegfall der Corona-Restriktionen dort einerseits die (Welt-)Wirtschaft dynamisch wachsen könnte, andererseits aber durch die damit verbundene Krankheitswelle Lieferketten wieder gestört werden könnten. Momentan scheinen sich eher die positiven Effekte durchzusetzen, zumal Krankheitszahlen und Todesfälle zwar sehr hoch sind, aber deutlich unter den Zahlen liegen, die westliche Experten erwartet hätten. Sollte sich dies so bestätigen, müsste man hinterfragen, ob die deutsche Corona-Politik nicht viel zu lange viel zu restriktiv gewesen ist. Natürlich hätte sich dann auch China nicht so lange und so umfänglich abschotten müssen. Mit diesem Signal dürfte es bei zukünftigen Pandemien noch schwieriger werden, eine einheitliche politische Linie zu finden. Schließlich wird der Riss, der vor allem politisch, aber in der Folge auch wirtschaftlich durch die Weltgemeinschaft geht, immer deutlicher. Autokratische Systeme wie China, Russland oder die arabischen Staaten stehen in einem Systemwettstreit mit demokratisch und eher westlich orientierten Ländern, die aber mindestens wirtschaftlich zunehmend ins Hintertreffen geraten. So waren alle Analysen, wie stark die Volkswirtschaften insgesamt, aber Russland insbesondere unter dem Krieg in der Ukraine leiden würden, viel zu negativ. Die deutsche Wirtschaft ist im Jahr 2022 sogar noch um 1,9% gewachsen, während Russlands Wirtschaft nur moderat geschrumpft ist. Deutschland hat sich aber zur Stützung weiter verschulden müssen, während Russland Abschwung, Krieg und staatliche Hilfsmaßnahmen aus den laufenden Einnahmen bezahlen kann. Daher wird es in diesem Jahr spannend. Die Energiepreise haben sich deutlich ermäßigt und Russland kann vielfach nur rabattiert Öl und Gas verkaufen, will aber seine Politik offenkundig fortführen. Das könnte zu dem wirtschaftlichen Einbruch führen, den viele Analysten bereits 2022 vorhergesehen hatten. Wir bleiben an dieser Stelle vorsichtig.

 

Schließlich war der Russische Rubel 2022 fast die einzige Anlageform, die deutlich positive Renditen ermöglichte. Auch jetzt ist die Russische Währung weiterhin erstaunlich robust. Dort wird ein Faktum eingepreist, dass vielfach nicht wahrgenommen wird: An russischen Rohstoffen geht oft kein Weg vorbei. Dies sind nicht nur Öl, Gas oder Uran, sondern auch Platin oder Seltene Erden, von denen man sich nicht schnell – selbst bei einem schnellen Erschließen der neu entdeckten Vorkommen in Schweden – unabhängig machen kann. Vielmehr haben Russland und China geostrategisch die Weichen in Afrika und Südamerika so gestellt, dass dortige Vorkommen bevorrechtigt an diese beiden Staaten geliefert werden. Beiden Staaten, aber vor allem Russland fehlt letztlich die fachliche Expertise, um die sich damit ergebenden Möglichkeiten zu nutzen. Wenn sich nun China dynamisch erholen sollte und die Auswirkungen der Lockerungen hinsichtlich der Corona-Pandemie überschaubar bleiben, wird davon auch Russland profitieren, weil China – ebenso wie Indien – die rabattierten Rohstoffe gern kauft. Die internationale Wettbewerbsfähigkeit der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wird daher weiter steigen, während die westlichen Staaten zur Abfederung der Hilfsmaßnahmen für die Ukraine und durch die höheren Kosten in vielen Bereichen ihre Verschuldung erhöhen. Nicht völlig ohne Grund mahnte die US-Finanzministerin Janet Yellen vor dem Risiko einer wirklichen Zahlungsunfähigkeit der USA. Dort wird es nicht mehr lange dauern, bis allein der Zinsaufwand 1 Billion US-Dollar betragen wird. Dies entspricht dann der Staatsverschuldung der USA vor rund 40 Jahren. 1981 waren die USA zum ersten Mal mit 1 Billion US-Dollar verschuldet. 30 Jahre später – also 2011 – waren es 17 Billionen US-Dollar und knapp 12 Jahre später werden die USA in diesem Jahr eine Verschuldung von 34 Billionen US-Dollar aufweisen. Dies ist eine Verdoppelung in rund einem Jahrzehnt mit teilweise extremst niedrigen Zinsen. Aber auch bei vielen anderen westlichen Staaten sieht es nicht viel besser aus, während Russland, China und der arabische Raum finanziell teilweise wesentlich stärker werden. Die gestiegenen Kosten für (Energie-) Rohstoffe in Deutschland und Europa sorgen für entsprechend hohe Gewinnsteigerungen in diesen Regionen. Daher sind die aktuellen Preisrückgänge positiv. Sie dürfen nur nicht falsch gedeutet und entwickelt werden. So sind sie weder unmittelbare Folge aus der Nutzung von erneuerbaren Energien noch dürfen sie genutzt werden, um teilweise irrationale Gewinnsteigerungen zu ermöglichen.

 

Der teilweise deutlicher als von uns erwartet nachlassendeInflationsdruck muss dazu führen, die Kapitalmärkte dauerhaft zustabilisieren. Es kann nicht sein, dass erstklassige Staatsanleihen ineinem Jahr um teilweise 20% fallen und dies politisch wie von den Notenbanken mit einem „Achselzucken“ abgetan wird. Sicherheit an den Kapitalmärkten entsteht durch Stabilität. Diese hatte man aufgegeben, um erst den US-Finanzsektor und dann die südlichen Euro-Staaten zu retten. Damit hat man den Zins als Risikoindikator ausgeschaltet und die Märkte mit der Rückkehr von Zinsen allein gelassen, so dass bei der vielfach fehlenden Expertise auch die Risikobeurteilung völlig in die falsche Richtung geht. Dies zeigen auch die aktuellen Zinsen in Deutschland, Italien oder den USA.

 

Fundamental richtige Bewertungen gibt es hier derzeit nicht. So ist die Rendite in Deutschland nach wie vor deutlich zu hoch, während sich Italien und die USA viel zu günstig refinanzieren können. Diese Fehlsteuerung müssen die Notenbanken beibehalten, weil sonst nach Corona-Krise und Ukraine-Krieg eine weitere, dann wieder geldpolitische Katastrophe droht. Deswegen sollte man die aktuell teilweise deutlichen Anstiege an den Aktien und teilweise auch den Anleihemärkten mit Zuversicht betrachten, aber sich darauf einstellen, dass sich diese Bewegungen nur eingeschränkt fortsetzen und Schwankungen und große Unterschiede bei Einzelwerten wahrscheinlich bleiben.

 

Zunächst dürfte sich der positive Schub fortsetzen, da in den USA die Berichtssaison beginnt und dort die Ergebnisse besser als erwartet sein dürften. Dies könnte auch dem US-Dollar einen „Zwischenauftrieb“ geben, bevor sich die Währung wieder rückläufig entwickeln wird. Schließlich spiegelt der Währungskurs auch immer die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft wider. Hier hat sich die Überlegenheit der US-Wirtschaft eben nicht bestätigt. Deswegen präsentiert sich der Euro insgesamt sehr stabil und könnte – abgesehen von den rohstoffnahen Währungen – in diesem Jahr eine erfreuliche Entwicklung aufweisen.

 

Derzeit scheinen die Preissteigerungen bei den Rohstoffen vor allem auf die Hoffnungen einer dynamischen Erholung Chinas und den relativ schwachen US-Dollar zurückzugehen. Spannend ist die Entwicklung des Goldpreises, der von der Nachfrage aus China und insbesondere Indien auch charttechnisch eine starke Entwicklung vor sich haben könnte. Damit würde sich immer noch nicht bestätigen, dass das Edelmetall einen Inflationsschutz darstellt, aber das Erreichen eines Mehrjahreshochs wäre für goldaffine Anleger eine positive Nachricht. Dennoch halten wir Platin und Silber auch in diesem Jahr für deutlich attraktiver als Gold.

 

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